Fauna

Miss Marple und der singende Teewagen

 

Photo: „Katze beim Studium“, ND

Im Hintergrund: Lesestadtplan „Wiens schönste Leseorte“ (Kein & Aber)

Musik: Frédéric Chopin – Nouvelle Études Nr.1 in f-Moll, Andantino / Arthur Rubinstein

 

Man darf mich beglückwünschen: Ich habe eine neue Gefährtin! Sie hat sich mich quasi ausgesucht und ich muss gestehen: Miss Marple ist wirklich ungewöhnlich, um nicht zu sagen äußerst speziell. Ich könnte jetzt ins katzentypische Schwärmen geraten, à la „sie weiss ganz genau, was sie will“ oder „sie ist voll Würde“ undsoweiter. Aber mein Interesse gilt vor allem Folgendem: Peu à peu entdecke ich ihre eigene Art von Humor (ab und an sitzt ihr ganz spontan der Schalk im Nacken), sowie ihren ausgeprägten Sinn für das Schöngeistige. Darüber hinaus scheint sie eine echte „Schriftsteller-Katze“ zu sein. Als sie etwa mit Pauken und Saxophonen bei mir einzog, verkroch sich das elegante Geschöpf mit den ausdrucksstarken Augen in Granny Smith-Grün sympathischerweise erst einmal zwischen den Büchern, wo sie stundenlang regungslos verharrte, mucksmäuschenstill die Szenerie beobachtete und ich so tat, als hätte ich nicht im geringsten die Ahnung, wo sie sich aufhalten könnte. Selbstredend. Zur Entspannung der allgemeinen Lage wählte ich entsprechende Musiken und stellte darob hoch erfreut fest, dass die Gute auf klassische Stücke so ähnlich reagiert wie ich.

Und während sie nun abwechselnd hoch oben AUF der bescheidenen Bibliothek thront oder in der neu entdeckten „Lieblingshöhle“ gleich unterhalb des Musik-Teewagens, wie auch meine Wenigkeit zwischen den bunt bestickten Zierkissen, und wir, verzaubert den Klängen des Klaviers lauschend, einander langsam annähern, spüre ich, wie sich ihre tiefsinnige Energie leise aber nachhaltig immer stärker in meinem Domizil verbreitet, ohne aufdringlich zu sein. Ganz Miss Marple eben.

 

Alles Gute von Wolke 7!