Literatur

Geistesblitze

 

Photo: „Buchstabensalat“, ND

Musik: Vincenzo Bellini – Ah non credea mirarti! / La Sonnambula

 

Ich kenne eine Dame, die die Muse noch vor der morgendlichen Dämmerung küsst. Noch im Halbschlaf taumelt sie gen Schreibtisch und beginnt zu tippen. Irgendwie, irgendwas. Und irgendwann passiert es: der göttliche Funke springt über, ihre Finger schreiben wie von selbst. Und sie? Genießt im beflügelten Geiste bereits Porridge und Pfefferminztee und ist voll der Vorfreude ob des bevorstehenden Sonnenaufgangs. Danach ist sie hellwach und überlegt, wen sie anrufen könnte. Was denjenigen welchen natürlich gar nicht gefällt- sie hatte schon einige Aha-Erlebnisse dieser Art. In diesem Punkt geht es  ihr übrigens so ähnlich wie dem italienischen Filmemacher Frederico Fellini, wie ich unlängst in Mason Curreys Buch Musenküsse entdecken konnte. In einem Interview von 1977 beschrieb dieser, dass er sich immer „sehr genau überlege, wen er morgens um sieben wecken könnte, ohne dass dieser wütend wird.“ Was noch relativ harmlos gegen die Rituale anderer Künstler erscheint. Ludwig van Beethoven etwa konnte nicht ohne seinen Spezialkaffee tätig werden: er war der Meinung, dass die perfekte Tasse 60 Bohnen Kaffee brauche und zählte diese haargenau ab. Der Maler Francis Bacon las zum einschlafen alte Kochbuchklassiker und war davon überzeugt, dass „eine aufgeräumte Umgebung seine Kreativität ersticke“, und so lebte er fortan im Chaos und schluckte täglich Unmengen an Knoblauchpillen, um seinen Lebenswandel auszugleichen. Und last not least Gertrud Stein, deren Pudel eine eigene Zahnbürste besaß und die der Legende nach besonders kreativ wurde, wenn sie Kühe betrachtete. Passte eine Kuh nicht in ihr Konzept, so stiegen ihre Partnerin Alice B. Toklas und sie ins Auto und suchten eine Kuh, die sie noch mehr inspirierte.

 

Alles Gute von Wolke 7!

 

Quelle: Musenküsse – Mason Currey/ Kein & Aber